Fire Island – queer, romantisch und ganz schön frech

Fire Island – queer, romantisch und ganz schön frech

QUEER DISNEY+

Fire Island

– queer, romantisch und ganz schön frech –

Florian (RainbowMickeyRunner), Hamburg

15. August 2022

Mit Fire Island bekommt Disney+ Star im Nachklang der diesjährigen Pride-Feierlichkeiten seine erste queere Romcom-Eigenproduktion. Doch wer nun vermutet, dass es sich um ein weiteres, eher braves Format im Stile von Love, Victor handelt, der irrt gewaltig…

…denn Fire Island von Regisseur Andrew Ahn ist in vielerlei Hinsicht exzentrischer, schriller und derber als alles, was es bisher in punkto LGBTQIA+ auf der hauseigenen Streamingplattform der Walt Disney Company gab. Warum die queere Adaption von Jane Austens Roman Stolz und Vorurteil aber vielleicht gerade deshalb überaus sehenswert ist und warum dabei auch alle Romantiker*innen voll auf ihre Kosten kommen, davon erfahrt Ihr in diesem Blogbeitrag!

Fire Island – das „schwule Disney World“
vor den Toren New Yorks

Hand aufs Herz! Wer von Euch hat bis zum Lesen dieser Zeilen überhaupt schon einmal etwas von Fire Island gehört? Sicher kaum jemand, oder? Und doch ist dieser der Stadt New York sowie der Insel Long Island vorgelagerte Küstenstreifen bereits seit den 1960er Jahren jeden Sommer fest in schwuler Hand. Früher, um den damals noch regelmäßig stattfindenden Razzien und Gängeleien der New Yorker Polizei zu entkommen, heute um nach einer harten Arbeitswoche die Seele baumeln zu lassen, zu feiern und dabei natürlich auch den ein oder anderen potentiellen One-Night-Stand mitzunehmen.

Dieses Ziel haben auch die beiden Freunde Noah (Joel Kim Booster) und Howie (Bowen Yang), die wie jedes Jahr zusammen mit ihrer Clique (Matt Rogers als Luke, Tomás Matos als Keegan & Torian Miller as Max) im Haus ihrer Freundin Erin (Margaret Cho) ihren einwöchigen Sommerurlaub in den Fire Island Pines verbringen. Noah will dabei einfach nur Spaß haben, während Howie sich schon seit längerer Zeit nach einem festen Partner sehnt, wovon sein Kumpel jedoch nicht allzu viel hält. Und so gibt Noah seinem Freund Howie das Versprechen, so lange keinen Sex zu haben bis Howie nicht ebenfalls von einem heißen Typen flachgelegt wurde… ohne zu wissen, worauf er sich dabei einlässt. Denn als Howie auf den einfühlsamen Charlie (James Scully) und seinen versnobten Freund Will (Conrad Ricamora) trifft, wird ziemlich schnell klar, dass sich dies Unterfangen als gar nicht so einfach herausstellt!

Die Handlung des Films folgt dabei ziemlich stringent Jane Austens Roman Stolz und Vorurteil (Originaltitel übrigens – wie passend: Pride & Prejudice) und beschäftigt sich dabei ebenfalls mit der Frage, warum und mit welchem Ziel Menschen überhaupt Beziehungen miteinander eingehen: aus reiner Liebe, um einfach nicht allein zu sein oder unter Umständen auch, um sich materiell besser zu stellen. 

Und es lässt sich bereits zu Beginn schon einmal attestieren, dass Joel Kim Booster, der neben der Verkörperung von Noah mit diesem Film zugleich auch sein Debüt als Drehbuchautor gibt, es wirklich ganz hervorragend verstanden hat, mit Fire Island die Motive von Jane Austens Bestsellerroman zu verwenden und auf seine ganz eigene Weise ein nicht nur zeitgemäßes und schrilles, sondern immer wieder auch zu Herzen gehendes Porträt der heutigen Gay-Community zu zeichnen.

© 2022 20th Century Studios

Stolz & Vorurteil – the queer way!

Der Film schafft damit das große Kunststück, einerseits als eine Form von Dokumentation und Milieustudie des Landstrichs Fire Islands und dessen bewegter Geschichte zu sein und andererseits durch die fiktive Handlung und ihre vielschichtigen, diversen Charaktere immer wieder spannende zwischenmenschliche Momente zu kreieren, die offenbaren, worin bei all der Sehnsucht nach Zerstreuung, Spaß und sexuellen Eskapaden der Besucher dieses Eilands die eigentlichen Sorgen, Nöte und Bedürfnisse heutiger schwuler Millenials bestehen.

Und auch wenn wir es bei Fire Island mit einer romantischen Komödie zu tun haben, die die Zuschauer*innen nicht nur unterhalten, sondern dann und wann auch anrühren und vielleicht sogar ein wenig zum Weinen bringen soll, nehmen die Macher gleichzeitig jedoch auch kein Blatt vor den Mund, um aufzeigen, dass auch in der Gay-Community nicht „alles Gold ist, was glänzt“.

Vielmehr zeigt der Film, dass sich auch diese Gesellschaftsgruppe bei aller Anstrengung nach Gleichberechtigung, Akzeptanz und Toleranz in den vergangenen Jahrzehnten sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber ebenfalls nicht immer vollkommen vorurteilsfrei und tolerant verhält. Themen wie die Einstellung zum eigenen Körper oder die Bedeutung von Mode und anderen Konsumgütern als Statussymbol werden dabei ebenso ins Blickfeld gerückt wie auch die Problematik von Rassismus und Diskriminierung gegenüber Menschen anderer ethnischer Herkünfte innerhalb der eigenen Community. Ein Problem, das z.B. für Menschen asiatischen Ursprungs bis heute leider immer noch allzu häufig an der Tagesordnung ist. 

© 2022 20th Century Studios
© 2022 20th Century Studios

Saturday Night Life lässt grüßen…

Doch Fire Island kommt dabei erfreulicherweise trotz aller politischer und gesellschaftlicher Ambition ohne den moralisch erhobenen Zeigefinger auf. Stattdessen legt der Film durch seine messerscharfen Dialoge und pointierten Gags den Finger in die entscheidende Wunde, sodass auch der Spaß und die Unterhaltung niemals zu kurz kommen. Es ist geradezu augenscheinlich, wie sehr der Schreibstil von Joel Kim Booster durch seine Vergangenheit als Stand-Up-Comedian geprägt ist. Fire Island zündet in manchen Momenten wirklich einen Gag nach dem nächsten, ist gerne politisch vollkommen unkorrekt und schreckt dabei – auch das im Vergleich zu Formaten wie Love, Victor wahrlich eine Neuerung – nicht davor zurück, auf humorvolle Art und Weise auch auf die Abgründe und Absurditäten des schwulen Lifestyles zu schauen.

Sei es nun die Underwear-Party, die selbstverständlich nicht ohne den Konsum von einschlägigen Drogen & Substanzen vonstatten gehen kann, die ständige Omnipräsenz des Smartphones mit den dazugehörigen Dating-Apps wie Grindr & Co. oder auch die Online-Sexarbeit auf Plattformen wie OnlyFans! Ja – all dies (und noch viel mehr…) wird in Fire Island aufgegriffen und thematisiert – vollkommen unverblümt, direkt und ohne Scham – was ich dem Film hoch anrechne!

Dementsprechend positiv überrascht war ich, wie offen und direkt der Film mit Sexualität und anderen heiklen Themen umgeht. Denn auch wenn man Fire Island lediglich auf Disney+ Star findet – einem Bereich, der nur mit Alterskontrolle zugänglich ist – braucht es dennoch eine gewisse Portion Mut und Offenheit seitens der Walt Disney Company, sich eine solche explizite Eigenproduktion tatsächlich zu trauen! Dafür auf jeden Fall: Chapeau meinerseits! Man darf gespannt sein, ob sich diese Entwicklung weiter so fortsetzen wird… zu wünschen wäre es!

(Kleine Sidenote dazu: Bevor sich Searchlight Pictures die Rechte am Drehbuch sicherte, war der Stoff ursprünglich einmal als Serie für den Video-on-Demand-Anbieter Quibi geplant, der jedoch 2020 seinen Dienst einstellte. Eine Tatsache, die dafür jedoch auch an einem entscheidenen Punkt des Films clever mit in die Handlung eingewoben wurde… mehr sei dazu an dieser Stelle jedoch nicht verraten – dafür müsst Ihr Euch schon den ganzen Streifen anschauen!)

Hervorheben möchte ich zu guter Letzt aber auch noch die hervorragende Musikauswahl von Fire Island. Sei es nun der eigens dafür komponierte Original Soundtrack von Jay Wadley, der durch seinen Mix aus klassischen Instrumenten wie Cembalo & Flöte und modernen Elementen wie elektronischen Beats und Synthesizer-Klängen gekonnt die Brücke zwischen der englischen Frühromantik von Jane Austen und unserer heutigen modernen Zeit schlägt. Oder auch die restliche Songlist mit Titeln wie Boys von Charli XCX, einer Coverversion von Britney Spears Sometimes der Indie-Pop-Band MUNA oder auch der umwerfende Schlusstitel Last Dance der legendären Donna Summer lassen den Film wie eine ausgelassene Sommerparty am Strand wirken, geben ihm den nötigen Flow & Drive und lassen die knapp Eindreiviertel Stunden dadurch tatsächlich wie im Fluge vergehen.

Und falls ich Euch nun neugierig gemacht habe… hier könnt Ihr vorab direkt einmal in die offiziellen Playlist des Films auf Spotify hineinhören! Ich sage Euch: es lohnt sich wirklich!

© 2022 20th Century Studios

Mein persönliches Fazit

So lässt sich abschließend feststellen, dass Searchlight Pictures mit Fire Island eine wirklich äußerst gelungene diverse, unterhaltsame, aber eben auch immer wieder zum Nachdenken anregende queere Romcom gelungen ist, die definitiv in punkto Direktheit, Ekzentrik und Unverkrampftheit aus den bisherigen LGBTQ+ Formaten auf Disney+ Star heraussticht.

Der Film trifft in Ton und Bildsprache dabei aus meiner Sicht absolut den heutigen Zeitgeist der Gay-Community, legt immer wieder den Finger in die ein oder andere Wunde und nimmt sich dennoch immer wieder auch ausreichend Zeit für Intimität, Gefühl und Romantik. (Ein großes Lob an dieser Stelle auch noch explizit an Kameramann Felipe Vara de Rey für die unglaublich schönen Landschaftsaufnahmen und Kamerafahrten – da möchte man doch direkt seinen nächsten Urlaub auf Fire Island verbringen!)

Wenngleich der Film wohl vor allem für eine rein schwule Zuschauerschaft sein volles humoristisches und emotionales Potential entfaltet, kommen darüber hinaus aber auch alle anderen Liebhaber*innen von unkonventionellen romantischen Komödien hier voll und ganz auf ihre Kosten. Deswegen gibt es von mir auch satte 10 von 10 Sternen

Freut Euch deshalb ab 19. August 2022 auf einen unkonventionellen, schrillen und unterhaltsamen queeren Sommerfilm, der an der ein oder anderen Stelle jedoch auch anrührt und zum Nachdenken anregt. Indem er den Stolz unserer Community zelebriert und sich dabei gleichzeitig auch zur Aufgabe macht, Vorurteile abzubauen, ist der Film für mich einfach der perfekten Abschluss der diesjährigen Pride-Saison an einem lauen Sommerabend vor dem heimischen Fernseher – ob nun allein oder auch in Gesellschaft!

In diesem Sinne… auf nach Fire Island!

Euer RainbowMickeyRunner

Florian

Eine letzte Chance für die Liebe – Love, Victor kehrt mit finaler Staffel zurück

Eine letzte Chance für die Liebe – Love, Victor kehrt mit finaler Staffel zurück

PRIDE MONTH 2022

Eine letzte Chance für die Liebe

Love, Victor kehrt
mit finaler Staffel zurück

Florian (RainbowMickeyRunner), Hamburg

6. Juni 2022

Disney feiert in diesem Jahr den Pride Month u.a. mit der finalen Staffel von Love, Victor auf Disney+ Star. Ich durfte für Euch vorab schon einmal in alle zehn neuen Folgen hineinschauen und verrate Euch in diesem Beitrag, was Euch so alles erwartet! Natürlich vollkommen spoilerfrei, versteht sich!

Seit Love, Victor am 23. Februar 2021 seine deutschsprachige Erstveröffentlichung erlebte, ist diese Star Original Serie – zumindest für mich – nicht mehr wegzudenken auf Disney+. Innerhalb der letzten eineinhalb Jahre habe ich die vielen unterschiedlichen Charaktere dieses Spin-Off zum überaus erfolgreichen Kinofilm Love, Simon aus dem Jahr 2018 einfach unheimlich ins Herz geschlossen. Dementsprechend erfreut war ich denn auch, dass man sich seitens der Disney dazu entschieden hat, der Serie im Rahmen einer letzten – zehn Episoden umfassenden – Staffel nun den würdevollen und stimmigen Abschluss zu geben, den sie wahrlich verdient hat.

Denn wer von Euch die bisherigen zwei Staffeln von Love, Victor geschaut hat – Wenn nicht, dann bitte hier nicht weiterlesen! Es folgen einige Spoiler aus der 2. Staffel!  weiß, dass uns die letzte Episode der zweiten Staffel wieder einmal mit einem ordentlichen Cliffhanger zurückgelassen hat! Denn nachdem Victor (Michael Cimino) sich im Rahmen der vergangenen zehn Folgen vor allem damit auseinandersetzte, für mehr Akzeptanz bei seiner Mutter Isabel (Ana Ortiz) zu kämpfen und die ersten Herausforderungen seiner jungen Beziehung mit Benji (George Sear) kennenlernte, trat zu guter Letzt auch noch der jüngere und ebenfalls schwule Schüler Rahim (Anthony Keyvan) auf den Plan, der Victor ordentlich den Kopf verdrehte und ihm schließlich auch noch gestand, dass er mehr für ihn empfände als nur platonische Freundschaft… und so geriet Victors Gefühlswelt schließlich vollends ins Wanken und er musste sich die alles entscheidende Frage stellen: Will er lieber bei Benji bleiben oder sich doch für Rahim entscheiden? Und genau hier setzt die Handlung in Staffel 3 denn auch direkt ein!

ACHTUNG! Der Trailer enthält einige Spoiler – wenn Ihr also die Spannung bis zum Staffelstart aufrecht erhalten wollt, dann bitte nicht schauen!

Die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens…

Wie diese Entscheidung schließlich ausfällt, das lasse ich an dieser Stelle natürlich offen! Allerdings kann ich Euch schon jetzt versprechen, dass die letzten zehn Folgen von Love, Victor tatsächlich die ein oder andere Überraschung bereithalten, mit denen ihr so sicher nicht gerechnet hättet!

Denn natürlich müssen nicht nur Victor, Benji und Rahim ihr Verhältnis zueinander klären… auch ihr unmittelbarer Freundeskreis wird vor die ein oder andere Herausforderung gestellt und muss durchaus wichtige Weichen für die Zukunft stellen, jetzt da die Zeit an der Creekwood High zu Ende geht und sich jede und jeder überlegen muss, wie er sein weiteres Leben gestalten und ausfüllen möchte.

So zum Beispiel Felix (Anthony Turpel) und Victors Schwester Pilar (Isabella Ferreira), die am Ende der zweiten Staffel nach etlichen Irrungen und Wirrungen doch noch zueinander gefunden haben. Wird ihre Liebe stark genug sein, dass Felix so ohne weiteres über seine Ex-Freundin Lake (Bebe Wood) hinwegkommen kann? Und apropos Lake… was hat es mit ihr und Mitschülerin Lucy (Ava Capri) auf sich? Hat sich da auf der Hochzeit von Mias Vater eine erste Annäherung zwischen den beiden angedeutet?

Victors Ex-Freundin Mia (Rachel Hilson) indessen versucht nicht nur, das zerrüttete Verhältnis zu ihrer leiblichen Mutter zu kitten. sondern stellt sich gemeinsam mit ihrem Freund Andrew (Mason Gooding) auch die Frage, wie sie beide nach ihrer gemeinsamen Highschool-Zeit beziehungstechnisch überhaupt weitermachen sollen…

Und dann wäre da zu guter Letzt natürlich auch noch Victors Mutter Isabel, die alles andere als unterstützend war, als sich ihr Sohn vor ihr outete… schafft sie es dennoch mit Hilfe ihres Mannes Armando (James Martinez), über ihren Schatten zu springen und Victor endlich die Unterstützung in Bezug auf sein Beziehungsleben zu geben, die er eigentlich verdient hat?

© 20th Century Fox Television / Star / Disney

Ein anderer Ton, ein neuer Schwerpunkt

Wie Ihr an diesen Ausführungen vielleicht schon bemerkt: Es geht noch einmal hoch her in der dritte Staffel von Love, Victor und tatsächlich habe ich die letzten zehn Folgen noch einmal als eine wirklich spannende Weiterentwicklung zu den bisherigen zwei Staffeln erlebt. Warum? Weil die Serie für mich inzwischen so viel mehr ist als „nur“ eine weitere amerikanische Serie über das Coming-out eines Highschool-Schülers!

Die Star Original Serie vermag aus meiner Sicht viel umfänglicher darzustellen, was es für einen jungen Menschen heutzutage bedeuten kann, sich als queer zu outen und welche verschiedenen Entwicklungsstufen man dabei tatsächlich durchläuft!

Die Folge daraus: Jede Staffel wendet sich meiner Beobachtung nach einem anderen Schwerpunkt dieses Prozesses zu! Während die erste Staffel sich tatsächlich „nur“ mit dem ENTDECKEN von Victors Homosexualität beschäftigte, stand für mich in der zweiten Staffel das EINGESTEHEN dieser Tatsache im Mittelpunkt, das Ringen um Anerkennung, um Akzeptanz. Die dritte Staffel indessen kann sich dadurch voll und ganz auf das LEBEN Victors als offen schwuler junger Mann konzentrieren. Ein Vorgang, den ich übrigens auch selber bei meinem eigenen Coming-out so erlebt habe! Dementsprechend erfreut war ich denn auch, diese Entwicklung noch einmal im Zuge von Love, Victor wiederzuerkennen und vor Augen geführt zu bekommen und vielleicht könnt ja auch Ihr diese Entwicklung etwas nachvollziehen, wenn Ihr die neue Staffel schaut?

Dies bringt übrigens auch noch ein weiteres spannendes Novum mit sich… in der dritten Staffel kommt Victor schließlich auch gänzlich ohne die Hilfe von Simon Spiers (in den ersten zwei Staffeln dargestellt von Nick Robinson), der Hauptfigur aus Love, Simon aus. War er zunächst noch unsicher, wie er sich in seiner neuen Rolle zurechtfinden, wie er sich verhalten, was er tun soll, entwickelt sich Victor in der letzten Staffel dann schließlich vom Ratsuchenden hin zum Ratgebenden, was natürlich auch noch einmal eine spannende dynamische Entwicklung innerhalb der weiteren Handlung der Serie zur Folge hat.

Denn obgleich Victor natürlich weiterhin die Hauptfigur der Serie ist, gruppieren sich um ihn herum eben auch zahlreiche weitere Charaktere, die im Hinblick auf ihre sexuelle Orientierung, Religion, ethnischer oder auch sozialer Herkunft ein wunderbares Abbild einer diversen und vielfältigen Gesellschaft abgeben, wodurch sich hoffentlich nicht nur queere Zuschauer*innen bei dieser Serie abgeholt fühlen. Die Star Orginal Serie führt uns vielmehr vor Augen, dass jede*r einzelne von uns – ob nun hetero-, homo- oder bisexuell, Christ oder Muslime, wohlhabend oder Mittelschicht – im Laufe seines (Beziehungs-)Lebens ähnlichen Herausforderungen begegnen wird. Und vielleicht steckt denn darin auch mit eines der größten Potentiale in dieser letzten Staffel (oder auch in der gesamten Serie an sich): dass sie mit Vorurteilen aufräumen und bestenfalls eine Brücke zu mehr Verständnis, Toleranz und Akzeptanz innerhalb unserer Gesellschaft bauen kann!

© 20th Century Fox Television / Star / Disney

Mein persönliches Fazit

Was bleibt mir also anderes zu schreiben, als dies: Freut Euch auf eine letzte, finale Staffel von Love, Victor mit alten und neuen Charakteren, bewegenden sowie humorvollen Szenen und dem ein oder anderen Überraschungsmoment! Ich persönlich hatte auf jeden Fall großen Spaß beim Schauen und bin der Meinung, dass es so positive und optimistisch erzählte Serien wie Love, Victor für die junge (queere) Generation gern noch mehr geben darf.

Besonders erfreut war ich denn auch, dass Disney sich zur Veröffentlichung der letzten Staffel von Love, Victor endlich auch dazu entschieden hat, die gesamte Serie in den USA nicht mehr nur auf Hulu herauszubringen, sondern alle dreißig Folgen ab 15. Juni 2022 auch direkt auf Disney+ zur Verfügung zu stellen! Eine Entwicklung, bei der ich einfach nur sagen kann: Weiter so, Disney!

Und vielleicht, weil ich gerade diesen Mut und diese Entschlossenheit, Serien wie Love, Victor offensiver auch einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, unterstützen möchte, gibt es von mir denn auch 10 von 10 Sternen für die dritte Staffel von Love, Victor. Denn ich persönlich finde einfach, dass sie die Geschichte um Victor und seinen Freundeskreis zu einem so perfekten und stimmungsvollen Abschluss bringt, dass aus meiner Sicht wirklich keine Wünsche offen bleiben sollten!

Wenn ich Euch nun also neugierig gemacht habe, dann schaltet ab 15. Juni 2022 definitiv auf Disney+ ein, um keine der neuen Folgen zu verpassen! Und da bis dahin ja noch etwas Zeit ist… wie wäre es, wenn Ihr einfach nochmal in die bisherigen zwei Staffeln von Love, Victor reinschaut! Eine gute Vorbereitung auf das, was Euch schon sehr bald erwarten wird… ich verspreche es! 

Euch allen ansonsten weiterhin einen schönen restlichen Pride Month und denkt immer daran: Love is Love!

Euer RainbowMickeyRunner

Florian

PRIDE – Die etwas andere Doku auf Disney+ Star!

PRIDE – Die etwas andere Doku auf Disney+ Star!

PRIDE MONTH 2021

PRIDE

Die etwas andere Doku auf Disney+ Star!

Florian (RainbowMickeyRunner), Hamburg

24. Juni 2021

Disney+ Star betritt mit der sechsteiligen Dokumentarserie PRIDE über den Kampf für LGBTQ+ Bürgerrechte in Amerika ungewohntes Terrain. Ich durfte mir vorab schon einmal einen ersten Eindruck verschaffen und verrate Euch in diesem Blogartikel, was das Star Original so besonders macht und warum sich ein Reinschauen aus meiner Sicht definitiv lohnt.

Schaut man sich im Zuge des diesjährigen Pride Months die aktuelle Situation der LGBTQ+ Community innerhalb unserer Gesellschaft an, so scheint auf den ersten Blick alles in Ordnung und im Großen und Ganzen kein Grund zur Klage. Queere Personen scheinen sichtbarer denn je, voll und ganz in der Mitte der Gesellschaft angekommen und auch größtenteils akzeptiert zu sein: Es gibt regelmäßig Serien und Filme mit LGBTQ+-Figuren und -Inhalten, unzählige Modeunternehmen zeigen sich solidarisch und bieten im Juni ihre eigenen regenbogenfarbenen Pride-Kollektionen an und auch ansonsten scheint es heutzutage gesellschaftlich unproblematischer denn je zu sein, seine Queerness öffentlich auszuleben.

 

Vielleicht wurde ich gerade aufgrund dieser Wahrnehmung in der Vergangenheit immer wieder gefragt, warum wir im Jahre 2021 überhaupt noch so etwas wie einen Christopher Street Day brauchen. Scheint es doch geradezu so, dass die LGBTQ+ Community in Deutschland inzwischen eigentlich alles erreicht hat, um ein unbeschwertes und angstfreies Leben zu führen: die Abschaffung des Paragrafen 175, der Homosexualität noch bis ins Jahr 1994 unter Strafe stellte, die Einführung der eingetragenen Lebensgemeinschaft im Jahre 2001 und die spätere Umwandlung in die  „Ehe für alle“ im Jahr 2017 sowie die Möglichkeit, seit 2019 den Geschlechtseintrag „divers“ im deutschen Personenstandsregister vornehmen lassen zu können. 

 

Doch der schöne Schein trügt! Wie wir gerade erst nur allzu deutlich am Beispiel von Ungarns neuem Gesetz zu sexuellen Minderheiten und der dadurch entflammten Debatte über die Illumination des Münchner Fußballstadions in Regenbogenfarben gesehen haben, sind sexuelle Orientierungen „abseits der Norm“ noch lange nicht gesamtgesellschaftlich akzeptiert und allzu schnell können Errungenschaften und positive Entwicklungen vergangener Jahre auch wieder zurückgedreht und den betreffenden Personen aberkannt werden.

 

Und so war auch der Kampf um die LGBTQ+ Bürgerrechte in Amerika nie ein geradliniger Weg. Auch die dortige queere Community hatte mit Diskriminierung, Benachteiligung und sogar Verfolgung aufgrund sexueller Orientierung oder Identität zu kämpfen. Sei es durch bürokratische Hindernisse, Ablehnung im Alltag oder sogar gewaltsame Übergriffe. Dies wollte man irgendwann nicht länger hinnehmen, ging in den Widerstand und legte dadurch den Grundstein für die moderne LGBTQ+ Bewegung in den USA, wovon die ab 25. Juni auf Disney+ Star verfügbare Dokumentation PRIDE nun sehr bewegend und äußerst eindrucksvoll erzählt.

© Disney

„Revolutionen müssen von Generation zu Generation weitergeführt werden!“ (Jewelle Gomez)

 

Die sechsteilige Serie spannt dabei einen großen Bogen von den 1950er Jahren bis in unsere heutige Zeit und gewährt durch eine spannende Mischung von Archivmaterial, Zeitzeugenberichten, Interviews sowie nachgestellten Szenen und Animationsclips einen ausführlichen Einblick in die bewegte Befreiungsgeschichte der amerikanischen LGBTQ+ Community. Jede Episode beleuchtet hierfür ein anderes Jahrzehnt und stellt von der Überwachung Homosexueller durch das FBI über die AIDS-Krise in den 80er und 90er Jahren bis hin zum Kampf um die Gleichstellung der Ehe ganz unterschiedliche Themen, Probleme, Hürden und Wendungen in den Mittelpunkt. 

 

Die einzelnen Folgen sind dabei so reich an Informationen, persönlichen Geschichten und Erlebnissen, dass es fast schwer fällt, einzelnes genauer hervorzuheben. Und dennoch gibt es immer wieder bestimmte Personen und Augenblicke, die zumindest mir als Zuschauer nachdrücklich im Gedächtnis geblieben sind. So zum Beispiel der schwule Videofilmer Nelson Sullivan, der durch mehrere hundert Stunden Filmmaterial die Tragödie der Aids-Krise in New York in den 80er Jahren dokumentierte und damit wohl als einer der weltweit ersten Vlogger gelten dürfte. Oder der afroamerikanische und offen schwule Anwalt Bayard Rustin, der eine treibende Kraft bei der Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King Jr. in den 60er Jahren war und dadurch auch den späteren Kampf um die LGBTQ+ Bürgerrechte entschieden vorantrieb. Aber auch die transsexuelle Autorin und Aktivistin Ceyenne Doroshow, die sich seit mehr als 30 Jahren für die Community engagiert und mit ihrer Organisation G.L.I.T.S. (Gays and Lesbians living in a Transgender Society) queeren Personen, die durch ihre sexuelle Orientierung oder Identität ihre Arbeit verloren, obdachlos oder Opfer von Gewalt wurden, einen Weg in eine neue, bessere Zukunft ermöglicht.

 

Mit jeder Erzählung und persönlichen Erfahrung wird dabei deutlich, dass es vor allem die vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten aus dem ganzen LGBTQ+ Spektrum waren, die die queere Widerstandsbewegung so einzigartig und besonders gemacht haben: sie waren es, die sich nicht mehr mit Verfolgung, Unterdrückung & Diskriminierung abfinden wollten und deshalb immer wieder – Jahrzehnt um Jahrzehnt – den Mut aufbrachten, im Rahmen von Protestzügen, privaten Initiativen oder auch kreativen Ausdrucksmitteln wie Literatur, Film oder Fotografie auf die immer noch bestehenden Ungerechtigkeiten und Missstände in der Gesellschaft hinzuweisen.

 

Und so besticht PRIDE aus meiner Sicht vor allem auch durch die Vielzahl an Zeitzeugen, die durch ihre häufig sehr persönlichen Erlebnis- und Erfahrungsberichte den oft sehr steinigen Weg zu einer offeneren und toleranten Gesellschaft unmittelbar erleb- und nachvollziehbar machen. Einzelne Aussagen wie „Silence equals death!“ (deutsch: „Schweigen bedeutet den Tod!“), „Closets were vertical coffins“ (deutsch: „Wer im Schrank blieb – also: ungeoutet war (Anm. d. Autors) – lebte praktisch in einem aufrecht stehenden Sarg.) oder auch „We didn’t know we were making history!“ (deutsch: „Wir wussten nicht, dass wir da gerade Geschichte schrieben!“) sind mir dabei noch lange nachgegangen, haben mich teils erschüttert, bewegt und dann aber auch immer wieder nachhaltig beeindruckt.

© Disney

Sicher nicht für jeden etwas, aber dennoch
eindrucksvoll & sehenswert

Einige von Euch werden sich beim Lesen dieses Artikels an dieser Stelle nun vielleicht fragen, was PRIDE denn überhaupt mit Disney zu tun hat… und ich möchte gar nicht groß drumherum reden: einen direkten Disney-Bezug gibt es in diesem Fall tatsächlich überhaupt nicht. Außer die Tatsache, dass die Dokumentarserie auf der hauseigenen Streamingplattform Disney+  (beziehungsweise – um genauer zu sein – auf dessen Erweiterung Disney+ Star) erschienen ist. 

Nichtsdestotrotz finde ich die Veröffentlichung von PRIDE unglaublich wichtig und auch durchaus bemerkenswert für Disney, zeigt sie doch, dass man sich seitens des Unternehmens nicht scheut, die Vielfalt unserer Gesellschaft auch durch solche dokumentarischen Formate näher zu beleuchten und damit selbstverständlich auch einen gewissen Bildungsauftrag erfüllt.

Nachdem ich zunächst etwas irritiert war, dass jede Folge eine andere Bildsprache, Erzählweise und Ästhetik aufwies, wurde mir erst später bewusst, dass dies vor allem dem Umstand geschuldet ist, dass jede Ära durch eine*n andere*n Regisseur*in beleuchtet wird. Dies trägt bei genauerer Betrachtung jedoch auch dazu bei, dass das Star Original die Geschichte der LGBTQ+ Community auf bemerkenswert vielfältige und diverse Art und Weise beleuchtet und dadurch wirklich die ganze Bandbreite queerer Geschichte auslotet. So kommen nicht nur schwule oder lesbische Menschen zu Wort, auch die Trans-Community kann ihre ganz persönliche Perspektive der Geschichte schildern. Und so erfahren wir als Zuschauer*innen, wie sehr nicht zuletzt auch der tragische Tod von George Floyd im Mai 2020 und die damit einhergehenden Proteste unter dem Motto Black Lives Matter auch schwarzen Trans-Personen – insbesondere Trans-Frauen – dazu ermutigten, auch ihren eigenen Beitrag zu den Protestaktionen beizutragen. Dies führte schließlich am 14. Juni 2020 in New York zum Brooklyn Liberation March, bei dem über 15.000 Teilnehmer*innen unter dem Motto Black Trans Lives Matter auch auf die Diskriminierung schwarzer Trans-Menschen aufmerksam machten.

Sicher habt Ihr beim Lesen dieses Artikels schon gemerkt: PRIDE ist nicht unbedingt die leichte Unterhaltung für einen lauen Sommerabend, die mancher von uns wohl sonst so von Disney+ gewohnt ist. Nichtsdestotrotz möchte ich Euch die Dokumentarserie wirklich sehr ans Herz legen! Für alle, die queere Menschen in ihrem direkten Umfeld haben, sich ein wenig weiterbilden möchten oder sich dafür interessieren, welchen politischen und auch historischen Hintergrund die unzähligen Christopher Street Day-Paraden in deutschen Städten eigentlich haben – ist das Star Original PRIDE genau das Richtige. Dabei muss man die Serie auch gar nicht zwangsläufig komplett oder gar chronologisch schauen. Da jede Episode in sich abgeschlossen ist, ein anderes Jahrzehnt und damit auch andere Thematiken behandelt, kann man auch sehr gut einfach mal in eine einzelne Folge hineinschauen, um herauszufinden, ob die Serie etwas für einen ist. Mein persönlicher Tipp wäre dabei übrigens, mit der letzten Folge zu beginnen, da sie zeitlich gesehen am nächsten an unserer heutigen Realität dran ist und die meisten Zuschauer*innen durch ihre Aktualität deshalb wohl am besten abholt.

© Disney

Mein persönliches Fazit

Um es kurz zu machen: Ich war und bin von PRIDE wirklich schwer begeistert und werde in einzelne Folgen in nächster Zeit sicher noch das ein oder andere Mal hineinschauen. Durch die Vielzahl behandelter Themen, Ereignisse und Erfahrungsberichte entfaltet sich für interessierte Zuschauer*innen meines Erachtens nach ein wirklich eindrucksvolles, vielfältiges, authentisches und dabei an einzelnen Stellen immer wieder auch sehr zu Herzen gehendes Bild queerer Emanzipationsgeschichte. Durch die zahlreichen Protagonisten erfahren wir neben den historischen Einblicken dabei immer wieder auch etwas über das tägliche Zusammenleben der LGBTQ+ Community, die als gelebte Gemeinschaft für viele nicht selten zum Familienersatz wird, in der jeder und jede seinen eigenen Platz und Zufluchtsort finden kann, um auf dem manchmal nicht ganz einfachen Weg in ein offenes, queeres Leben nicht nur beschützt, sondern immer auch begleitet zu werden.

PRIDE ist deshalb aus meiner Sicht auch mehr als nur eine queere Geschichtsdoku. Die Serie ist für mich Anerkennung, Mahnung und Ermunterung zugleich: Dass wir schätzen lernen, was bereits für uns erreicht wurde. Wie wir dafür sorgen können, diese Errungenschaften weiter zu schützen und zu bewahren. Und warum es auch heute immer noch so wichtig ist, den Kampf für eine offene und vielfältige Gesellschaft niemals aus den Augen zu verlieren und weiter voranzutreiben. Deshalb bekommt PRIDE von mir auch statt einer Sternebewertung schlicht und ergreifend das Prädikat Besonders wertvoll.

Und sollte ich mit diesem Blogartikel nun auch Euch ein wenig Lust gemacht haben, mal in die Serie hineinzuschauen, freue ich mich natürlich wie immer zu hören, was denn Euer individueller Eindruck ist. Hinterlasst also gerne einen Kommentar oder schreibt mir auch gerne eine Nachricht! Ich freue mich immer von Euch zu hören!

Für heute wünsche ich Euch noch einen schönen Tag und denkt immer daran: Obwohl der Pride Month sich in diesem Jahr so langsam dem Ende nähert, sollten wir niemals vergessen, dass Diversität, Akzeptanz und Toleranz etwas ist, an dem wir alle gemeinsam an 365 Tagen des Jahres miteinander arbeiten sollten, denn – wie es so schön auf einem Plakat während eines Pride-Marsches in den 80er Jahren hieß: EVERY DAY IS GAY PRIDE DAY! 

In diesem Sinne: Be loud and proud – always!

Euer RainbowMickeyRunner

Florian